By Thomas Ohlemacher
ISBN-10: 3663016358
ISBN-13: 9783663016359
ISBN-10: 3663016366
ISBN-13: 9783663016366
Proteste und Protestbewegungen haben etwas mit sozialen Problemen zu tun, von denen sich bestimmte Leute betroffen und frustriert fühlen. Nicht alle Umstände aber, die als soziale Probleme wahrgenommen werden, führen zu Protesten und Protestbewegungen. Die Geschichte ist voll von frustrierenden Übelständen, die nicht zu kollektiver Mobilisierung der Betroffenen geführt haben. Thomas Ohlemacher arbeitet in der folgenden Studie an solch einem Fall. Er betrifft den enervierenden Lärm, der in bestimmten Zonen der Bun desrepublik Deutschland durch militärische Tiefflugübungen entsteht. Obwohl die physikalisch meßbaren Belästigungen in vielen betroffenen Gemeinden gleich oder sehr ähnlich sind, mobilisiert sich nur in wenigen von ihnen die Bevölkerung zu Protestaktionen. Warum nur in ihnen? Warum in den anderen nicht? Aus den Erfahrungen der Protest- und Bewegungsforschung haben wir gelernt, daß eine Vielzahl von Bedingungen eine Rolle spielt, ehe sich aus subjektiven Deprivationen soziale Reaktionen entwickeln, die sich als kleine oder aber auch als große Protestbewegungen darstellen. Solche Deprivatio nen müssen als Ergebnis sozialer Probleme gedeutet und mit "injustice [rames" (William Gamson) skandalisiert werden. Dabei müssen einerseits, damit Solidarisierungen entstehen können, kollektiv Betroffene als Opfer festgestellt, andererseits über einleuchtende Kausalattribuierungen Schuldige markiert werden, die als Angriffspunkte kollektiver Aktionen erreichbar sind. Damit solche Aktionen tatsächlich entstehen, bedarf es zusätzlich der Über zeugung, daß das eigene Engagement nicht nur notwendig ist, sondern auch erfolgreich sein kann. Solche Wahrnehmungen, Vorstellungen und Überzeugungen lassen sich weder von den einzelnen selbst noch von sogenannten "Bewegungs unter- 14 Vorwort nehmern", die dann auch als Agitatoren wirksam werden, einfach erfinden.
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Wir haben anhand dieser Beispiele gesehen, daß es spezielle Netzwerke gibt, die Protest entstehen lassen und diesen in eine große Zahl von anderen Netzwerken vermitteln. All diesen Beispielen (Kirche, Universität, Betrieb) ist gemeinsam, daß es sich in ihrer Gesamtheit nicht um "Face to Face"Netzwerke handelt. Sie stellen Netzwerke anderer Art dar. Innerhalb dieser Netzwerke steht nicht der tägliche und enge Kontakt aller mit allen im Vordergrund, sie bieten vielmehr "passive Kontakte" (Festinger).
Diese Behauptungen lassen sich in folgende Thesen fassen, die auf theoretische Anschlüsse und bereits erfolgte empirische Überprüfungen verweisen können: (a) Je höher gebildet eine Person, umso stärker ihre Hinwendung zu postmaterialistischen Werten, die in Gesellschaften der Gegenwart Protest gegen den gesellschaftlichen Status Quo wahrscheinlich machen (Inglehart 1979). h. beispielsweise relativ frei über die Einteilung der Arbeitszeit entscheiden zu können. B. durch Familie) ergeben, mit dem Kauf von Dienstleistungen umgehen zu können.
Sie bergen die Chance zum Kennenlernen, ermöglichen den Austausch zwischen sich zuvor fremden Personen. Sie ermöglichen den Kontakt zu Personen von unterschiedlichster Herkunft und Hintergrund, denn sie sind zu einem Gutteil - in Abwandlung eines Wortes von Hannah Arendt - "sozial neutrale Räume" (1983: 45). Sie sind damit soziale Verdichtungen besonderer Art, sie stellen Verbindungen her, ihre innere Organisation stiftet Kontakte, nicht zwischen allen ihren "Mitgliedern", jedoch in einzelnen (Sub-) Netzwerken um so intensiver.
Brücken der Mobilisierung: Soziale Relais und persönliche Netzwerke in Bürgerinitiativen gegen militärischen Tiefflug by Thomas Ohlemacher
by Christopher
4.2